Verpackungsmüll abschaffen: (K)ein Problem in der Beauty-Branche?

Verpackungsmüll abschaffen: (K)ein Problem in der Beauty-Branche?

Die Beauty-Branche ist bekannt für ihre ansprechenden Produkte, aber auch für die immense Menge an Verpackungsmüll, die sie produziert. Selbst in Zeiten, in denen der Ruf nach Nachhaltigkeit immer lauter wird, bleibt diese Branche einer der größten Verursacher von Abfällen. Doch warum ändert sich trotz des wachsenden Bewusstseins so wenig in dieser Industrie? Um diese Frage zu beantworten, nehmen wir einige der Hauptgründe genauer unter die Lupe.

Hygienische Anforderungen an Kosmetikverpackungen 

Die Beauty-Branche sieht sich mit einer Reihe von Hygienevorschriften konfrontiert, die die Wahl von Kosmetikverpackungen beeinflussen. Diese Produkte kommen direkt in Kontakt mit Haut, Augen oder Mund. Daher ist es unerlässlich, dass die Verpackungen nicht nur luftdicht, sondern auch resistent gegen Kontamination durch Bakterien und andere Mikroorganismen sind (vgl. Europäische Kosmetikverordnung, 2009). Aufgrund der komplexen und strengen hygienischen Anforderungen müssen Hersteller/innen oft spezifische Verpackungsmaterialien wählen. Diese Entscheidungen sind nicht immer im Einklang mit Umweltfreundlichkeit, da das Hauptziel darin besteht, die Reinheit und Wirksamkeit des Produkts zu gewährleisten (vgl. Dr. Bergmair et al., 2012). 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel stellt sicher, dass alle in der EU vermarkteten Kosmetikprodukte sicher für den/die Verbraucher/in sind. Sie schreibt nicht nur vor, dass die Inhaltsstoffe der Produkte sicher sein müssen, sondern auch die Verpackungen, in denen sie verkauft werden. Diese Vorschriften gewährleisten die Integrität und Sicherheit des Produkts, können jedoch dazu führen, dass Hersteller/innen Verpackungslösungen wählen, die nicht immer die umweltfreundlichsten sind, insbesondere wenn diese Lösungen kosteneffizienter sind. Dies kann beispielsweise die Verwendung von Einwegplastik einschließen.

Wirtschaftliche Interessen der Verpackungsindustrie

Die Wirtschaftlichkeit spielt in jeder Branche eine entscheidende Rolle. Für die Verpackungsindustrie bedeutet ein Paradigmenwechsel zu nachhaltigeren Lösungen erhebliche Investitionen in Forschung, Entwicklung und Produktion. Dieser Umstellungsprozess könnte anfängliche Umsatzverluste mit sich bringen, da traditionelle Produktionsmethoden überdacht und geändert werden müssen. Es gibt hierbei auch eine Trägheit seitens der Industrie, da sie sich an bewährten, profitablen Geschäftsmodellen festhält. Ein weiteres bedeutendes Hindernis ist das mangelnde Wissen und die fehlenden Technologien für umweltfreundliche Verpackungslösungen. Oftmals ist die Industrie schlichtweg unsicher, welche Alternativen sie anbieten kann, ohne Kompromisse bei der Qualität oder der Haltbarkeit und der Verpackungen einzugehen (vgl. VKE-Nachhaltigkeitsstudie, 2020). Dies führt dazu, dass selbst bei vorhandenem Willen zur Veränderung die notwendige Innovation und Umsetzung behindert wird.

Bildungslücken und Vorurteile von Konsument/innen

Mangelndes Wissen ist auch in Bezug auf Konsument/innen ein Stichwort. Denn trotz eines gestiegenen Umweltbewusstseins gibt es immer noch erhebliche Bildungslücken beim Thema nachhaltige Verpackungsalternativen. Viele Verbraucher/innen haben zwar den Wunsch, umweltfreundlicher zu handeln, wissen aber oft nicht genau, wie sie das in Bezug auf Kosmetikprodukte tun können (vgl. VKE-Nachhaltigkeitsstudie, 2020). Zusätzlich sind viele Konsument/innen durch Marketing und Luxus-Branding geprägt und glauben irrtümlich, dass nachhaltige Produkte in ihrer Qualität oder Effizienz minderwertig sein könnten (vgl. Prüne, 2013). Dieses Missverständnis ist eine Barriere für Unternehmen, die nachhaltigere Verpackungslösungen anbieten wollen.

Paradebeispiel Refill-System

Um das Dilemma greifbarer zu veranschaulichen, werfen wir einmal einen Blick auf das Thema Refill. Obwohl Refill-Systeme seit Jahren als umweltfreundliche Alternative in der Beauty-Branche beworben werden, stoßen sie oft auf unerwartete Probleme. Erst neulich führte ich ein Gespräch mit einer Dame, die voller umweltbewusster Motivation ein Refill-Produkt erwarb, nur um dann bei einem erneuten Ladenbesuch festzustellen, dass die Verkäuferin bezüglich der Handhabung dieses Konzepts überfragt war. 

Die Herausforderungen sind vielfältig: Von mangelnder Schulung des Verkaufspersonals über fehlende Infrastruktur, Hygienevorschriften, die schwer einzuhalten sind bis hin zu unklaren Anweisungen für die Kund/innen. Es reicht nicht aus, das Konzept des Refill-Systems zu propagieren, es muss auch in die praktische Umsetzung und Weiterbildung investiert werden, damit es sowohl für Einzelhändler/innen als auch für Verbraucher/innen sinnvoll und effektiv ist.

Lichtblicke und Lösungsansätze

Trotz der genannten Hindernisse gibt es auch positive Entwicklungen. Einige Unternehmen haben bereits bewiesen, dass nachhaltige Verpackungssysteme in der Praxis funktionieren können - wie zum Beispiel unser Mehrwegsystem. Die Ellen MacArthur Foundation betont dazu die Notwendigkeit und die Vorteile einer Kreislaufwirtschaft, bei der Materialien kontinuierlich wiederverwendet werden. Solche Ansätze könnten, wenn sie skaliert werden, zu einer signifikanten Reduzierung von Verpackungsmüll in der Beauty-Branche führen.

 

Bildmaterial: Unsplash

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